Als der Mensch allen Dingen ein Geschlecht gab, meinte er nicht zu spielen, sondern eine tiefe Einsicht gewonnen zu haben. Den ungeheuren Umfang dieses Irrtums hat er sich sehr spät und jetzt vielleicht noch nicht ganz eingestanden.
Friedrich Wilhelm Nietzsche, Morgenröthe - Kapitel 2
ganz vernünftig gemacht, mit pädagogisch sinnvollen Zwischentönen (Eltern - vgl. Kommentar 'gesellschaftliche Rahmenbedingungen')... Bin gespannt, was von der 'Bundeszentrale für politische Bildung' in nächster Zeit folgt...
LG ab
FÜR: Menschenrechte, eine gelebte demokratische Zivilgesellschaft, die Minderheiten schützt ERGO: Umfassende Bildung für alle, effektive Regeln in Alltag und Netz, eine gut ausgestattete Polizei/Justiz
ich finde diese metapher, dieses bild vom "leben im falschen körper" voll schizophren. kann man den körper denn etwa wechseln? nee, oder? man muss sich schon mit seinem eigenen körper arrangieren. also lassen wir lieber mal die kirche im dorf.
ich finde, "leben im falschen geschlecht" viel angemessener. aber es gibt sicher noch bessere möglichkeiten, das auszudrücken.
"Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, das immer dann die Ruhe verliert, wenn von ihm verlangt wird, dass es nach Vernunftgesetzen handeln soll." - Oscar Wilde “Ohne eine Abweichung von der Norm ist kein Fortschritt möglich.”- Frank Zappa "Samstag ist Waschtag." - Sheldon L. Cooper "I had a flashback of something that never existed" - Sara Digitala "Fuck Size Zero" - Carolin Kebekus
Es war/ist ja das falsche körpergeschlecht, was uns zu schaffen macht(e), unserem gefühlten bzw. hirngeschlecht, was somit über dem körpergeschlecht stehen tut; es gibt da halt nun mal eine hierarchie, oder seht ihr das anders?
Und auf grund dieser hierarchie, und der tatsache, dass wir selbst - und psychos schon gar nicht - unser hirngeschlecht dem körpergeschlecht angleichen wollen und/oder können, muss halt unser körper mit unserem hirngschlecht in weitestgehende kongruenz gebracht werden; um somit unserer problematik der geschlechtsdysphorie entkommen zu können und letztendlich zur geschlechtseuphorie zu gelangen, zur harmonie von geist und körper.
Wer hat gegen diese wortwahl und die definitionen was einzuwenden?
die Diskussion in der Art hat es glaube ich auch hier schon gegeben. Aber Eurer Ansicht kann ich mich nicht nur nicht anschließen, sondern muss ihr sogar widersprechen.
Was haltet Ihr denn für lebensentscheidend? Den Körper oder das Gehirn? Natürlich ist beides zum Leben unentbehrlich, zumindest zum Leben aus biologischer Sicht. Aber ich selbst halte das Gehirn für entscheidend und sehe den Körper nur als ausführenden Handlanger für das, was vom Gehirn ausgeht. Ich glaube nicht, dass man mich davon begeistern könnte, wenn meine Organe oder meine Extremitäten bestimmen könnten, was mein Gehirn denkt und fühlt.
Das Zitat irgendeines Heinis aus irgendeinem "Tatort" das Geschlecht betreffend ist vermutlich allen hier bekannt: "Das Geschlecht entscheidet sich nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Schultern." (also im Kopf). Und diese Aussage dieses Tatort-Heinis spricht nicht nur mir aus dem Herzen. Denn wir haben nicht das falsche Geschlecht, sondern nur ein Körper, der nicht zum Geschlecht passt. Und somit leben wir im falschen Körper - müssen im falschen Körper leben.
Die Ausdrucksweise, "im falschen Geschlecht zu leben", finde ich, ist genau das, was uns die WHO mit ihrem Ausdruck "Geschlechtsidentitätsstörung" implementieren will: Geisteskrankheit!
Gruß Kira-Bianca
Als der Mensch allen Dingen ein Geschlecht gab, meinte er nicht zu spielen, sondern eine tiefe Einsicht gewonnen zu haben. Den ungeheuren Umfang dieses Irrtums hat er sich sehr spät und jetzt vielleicht noch nicht ganz eingestanden.
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also wenn ich mich da ernstlich frage, ob ich weiblichen oder männlichen (bio-chromosomalen) geschlechts bin, kann ich da nur antworten: leider (noch!?) des männlichen, wenn auch mit weiblichem hirngeschlecht.... was mir halt nicht nur viel lieber, sondern tatsächlich der fall ist.
Natürlich hatten wir das thema hier schon; und woanders auch, und nicht erst seit gestern; es ist ja schließlich ein system-immanentes, oder?
Ich bin eigentlich nur wieder drauf gekommen, weil in dieversen foren und facebook-seiten seit der bekanntgabe der von der APA zu erwartenden änderungen im DSM-5 recht nette verteufelungen, fehlinterpretationen, angriffe gegen personen, die den begriff "gender identity disphoria" anders als sie selbst auslegen, zu hauf zu finden sind; da begannen mal wieder so richtig nette glaubenskriege!
mich stört diese metapher "leben im falschen körper". oft nehme ich bei anderen transfrauen (auf SHGs) so eine art hass auf den eigenen körper wahr. oder eine riesen-angst, sich mit diesem körper unter leute zu wagen. und maßnahmen, um diese kluft zu überbrücken, gibt's ja ohne ende. von denen wollen die dann alle ausufernd gebrauch machen. bis zu sachen, die mir persönlich eher angst machen. manchmal habe ich auch das gefühl, dass manche sich in einem kriegszustand mit ihrem körper befinden. das scheint mir so eine ableitung aus einem unpassenden denkansatz zu sein.
aber es ist nicht der körper an sich. man kann ja nicht da raus. und man sollte sich damit arrangieren können. und wenn das schwierig ist, sollte man daran arbeiten.
es ist vielmehr, IMHO, die geschlechtliche ausprägung des körpers, die auch mich auf eine zermürbende nervenprobe stellt. das XY-chromosom, dass wir nicht einfach so ändern können. mein körper an sich als ästhetisch-biomechanische grundeinheit ist ja eigentlich ganz okay - wenn nur dieses geschlecht anders wär.
das meinte ich mit "leben im falschen geschlecht". vielleicht sollte ich besser sagen "leben im falschen körpergeschlecht". das ist für mich schon am körper festgemacht. ich mache mein identitäres, sinnstiftendes geschlecht an meinem empfinden fest. an meinem hirngeschlecht. das steht für mich außerhalb jeder debatte. und es geht ja auch gar nicht anders.
mir geht's nur darum, wie ich mit meinem körper umgehe.
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bin mit die ja auch hier so gut wie deiner meinung!
Nur: Kira-Bianca, meinen körper habe ich eigentlich nie gehasst, und mein männliches genital eigentlich auch nicht. Aber es gab, gibt immer noch, diese unsägliche diskrepanz zwischen meinem hirn- und meinem körpergeschlecht; und die versuche ich nun, erst mal nach haartransplantation in meine vorherigen geheimratsecken, dann mittels FFS (eigentlich mehr aus ästhetisch-pragmatischen gründen) und letztlich auch mit der gaop, um mich als TF zu komplettieren, in einen angenehmeren griff zu bekommen. So hatte ich es neulich auch meiner psycho in Malaga erklärt, und die war mit meiner erklärung und selbstdefinition wirklich völlig einverstanden; hat mir klar zugeredet.
Nun ist es ja so, um in shg- oder sonstigen t-gruppen als wirkliche TF oder TM rüberzukommen, ernstlich etliche klischees bemüht werden (gruppendruck!), um da auch möglichst authentisch zu erscheinen; ein wirklich rationaler denkansatz scheint mir da selten (obgleich keine erfahrung mit shgs, weil hier nicht vorhanden) zu existieren, wie ich so aus foren mitbekomme.
steffi: du meinst das xy-chromosom, das wir nicht in ein XX verwandeln können? Nichts für ungut...
Zitat von Regina steffi: du meinst das xy-chromosom, das wir nicht in ein XX verwandeln können? Nichts für ungut...
häh! da musst du dich verlesen haben ... *kicher*
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Ich hatte mit meiner Frau auch eine lange Diskussion zu der Redeweise vom "falschen Körper". Meine Position war und ist: Nicht mein Körper ist falsch, sondern mein Genitalgeschlecht passt nicht zu meinem Hirngeschlecht. Sie meinte, dass ich viel zu sehr andere verschrecke, wenn ich so sehr auf den sprachlichen Details rumreite. Mag sein - ich habe inzwischen einige Gespräche mit Menschen gehabt, bei denen ich den Eindruck hatte, dass sie sehr unsicher waren, wie sie mich anreden sollten (wobei diejenigen genau wussten, dass ich mich gegen Diskriminierung von TS engagiere und versuche, sprachlich präzise mich auszudrücken). Für mich waren die Aufsätze von Dr. Haupt eine Fundgrube (auch wenn sicher schon andere vor ihm vom Hirngeschlecht gesprochen haben) und daher möchte ich mich so präzise wie möglich ausdrücken, wenn ich mit anderen rede. Aber ich will auch nicht dauerhaft ein Leben im "Behindertenstatus" oder "Trans-Status" (da verstehe ich Inka nur zu gut), d.h. ich will genauso am "normalen" Leben teilhaben wie jeder andere Mensch auch. Und da gibt es eben viele, die im Blick auf TS völlig ahnungslos sind, andere sind interessiert und lassen sich viel sagen - und wieder andere haben tiefgehende Ängste vor allem, was ihre eigene Lebenssicht in Frage stellt oder sie in ihrer Identität verunsichert und reagieren mit Fundamentalismus oder ideologischen Reaktionen (z.B. Neo-Nazis, Islamisten...). Je nachdem, mit wem ich es zu tun habe, werde ich im direkten Gespräch deutlich machen, warum ich die Redeweise vom "falschen Körper" oder vom "falschen Geschlecht" zu ungenau finde und nur vom "unpassenden Genitalgeschlecht" sprechen will. Aber ich will auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, wenn nicht jemand offensichtlich mit Absicht Begriffe weiterverwendet, die unpassend und diskriminierend sind (z.B. "Transe").
Lange floh ich vor der Einsicht, dass ich TS bin, weil ich den Impulsen, die von meinem Gehirn ausgingen, nicht glaubte und meinte, ich sei "falsch gepolt" oder irgendetwas noch schlimmeres. Gut, dass mir inzwischen klar ist, dass TS keine psychische Krankheit ist. Ja, ich unterstütze die, die sich gegen eine Pathologisierung aussprechen und ich unterstütze die, die eine umfassende medizinische Versorgung für TS fordern - aber eben ohne die Schublade "Identitätsstörung". Nein, meine Identität ist nicht gestört. Ich bleibe der gleiche Mensch mit der gleichen Identität - bis auch mein Genitalgeschlecht und mein Hormongeschlecht: Nur diese beiden Teilmengen meiner Identität will ich angleichen (und damit verbunden dann natürlich auch Stimme, Kleidung und manches andere Detail...) an mein Hirngeschlecht. Deshalb finde ich auch "Transidentität" zu schwammig und irreführend. Die Meinung, dass etwas mit mir "nicht stimmt", führte bei mir zur Flucht vor mir selbst. Ich floh mich in die Arbeit - andere fliehen in anderer Weise oft viele Jahre - und dann gibt es inzwischen auch welche, die in einer so angstfreien Umgebung aufwachsen, dass sie schon vor der Pubertät klar wissen, was mit ihnen los ist. Heute ist es m.E. auch leichter, sein Genitalgeschlecht anzugleichen als vor 20 Jahren, weil die Gerichte etliche diskriminierende Teile im TSG gekippt haben. Deshalb wundert es mich auch nicht, wenn die statistischen Zahlen eine deutliche Zunahme von Anträgen auf Vornamensänderung/Personenstandsänderung zeigen. Ich bin da aber anderer Meinung als Keydie Lyn, die in ihrem Blog über die "neuen transsexuellen Menschen" http://keydielyn.blogspot.de/2012/11/die...n-menschen.html schreibt und meint, es gäbe welche, die das als Lifestyle ansehen würden. Ich persönlich keine keinen einzigen TS, der das mal eben aus Spaß oder Lifestyle macht.
Ich kenne aber auch die Glaubenskriege zwischen den verschiedenen TS Gruppen und frage mich schon, warum manche so ein starkes Bedürfnis haben, sich von anderen abzugrenzen. Ist es die Angst, keine "echte TS" zu sein, wenn man anderen zugesteht, dass ihre Biografie in Details anders läuft - auch wenn es ansonsten viel gemeinsames gibt? Jedenfalls braucht es m.E. mehr Gespräch untereinander als übereinander und da bin ich gerne dabei.
Mich stört vieles am TSG immer noch. Ich habe mich auch gefragt, ob ich mich gegen das Gutachtenwesen gerichtlich wehren soll - nur: ich bin verheiratet und möchte es auch weiter bleiben. Meine Frau bittet mich darum, nicht den "Märtyrer zu spielen" und ich glaube auch nicht, dass ich da der Typ zu bin. Ich möchte auch ein Stück weit mein Leben ohne breite Öffentlichkeit führen. Wer sich aber entscheidet bis zum Verfassungsgericht gegen das TSG zu kämpfen, der wird kaum das im stillen Kämmerlein tun können. Deshalb werde ich zwar Petitionen mitzeichnen, ggf. einen Verein gründen oder Briefe schreiben und meine Meinung denen sagen bzw. die aufklären, die guten Willens sind oder zumindest interessiert - aber ich werde nicht bei einem CSD demonstrieren oder mich auf einen juristischen Kampf gegen das geltende Recht einlassen - es sei denn, jemand zwingt mich dazu, mich gegen etwas zu wehren. Dann werde ich alle Möglichkeiten ausschöpfen. LG Petra
Zitat von petraIch hatte mit meiner Frau auch eine lange Diskussion zu der Redeweise vom "falschen Körper". Meine Position war und ist: Nicht mein Körper ist falsch, sondern mein Genitalgeschlecht passt nicht zu meinem Hirngeschlecht. Sie meinte, dass ich viel zu sehr andere verschrecke, wenn ich so sehr auf den sprachlichen Details rumreite.
lebe petra, ich finde deine sicht hervorragend und sehr treffend. und wenn man ambivalenz vermeiden will, sollte man seinen mitmenschen auch schon klar vermitteln, wie man etwas sieht - je nach situation. ja, und lange zeit hätte man mir mit der frage "bist du vielleicht im falschen körper" kommen können und ich hätte, geleitet von meinem hervorragenden intellekt, gesagt :"nee, sowas verücktes bin ich nun auch nicht". leider flüchtete ich damals nicht in arbeit, dann stünde ich heute besser da. mir selbst auf die schliche gekommen bin ich erst, als ich meine gefühle zugelassen und ernst genommen habe und angefangen habe, sie in meine welt zu integrieren. das war ein ausdruck meines zentralen wahrnehmungs- und sinneszentrums, meines gehirns.
klarer über das zu reden, was man ist, hilft erstmal schon ziemlich viel. allen menschen würde helfen, klarer über das zu reden, was sie sind. ich glaube, häufig fehlt einfach die passende art und weise, darüber zu reden. die müssen wir erst noch entwicken. mich amüsiert das heute noch, wenn jemand von mir sagt, das ich im falschen körper gelebt habe. nein, ich will nur andere hormone und dass die hosenschlange weggemacht wird.
wie man das TSG anders regeln kann ist eine andere diskussion. vielleicht kann sie aber aus einem neuen verständnis der sache erwachsen. ich denke, dass das TSG in seiner jetzigen form auch niemanden, der nicht TS hat, vor sich schützt. es macht nur für andere den weg komplizierter. aber man müsste erstmal klären, was das TSG überhaupt soll.
"Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, das immer dann die Ruhe verliert, wenn von ihm verlangt wird, dass es nach Vernunftgesetzen handeln soll." - Oscar Wilde “Ohne eine Abweichung von der Norm ist kein Fortschritt möglich.”- Frank Zappa "Samstag ist Waschtag." - Sheldon L. Cooper "I had a flashback of something that never existed" - Sara Digitala "Fuck Size Zero" - Carolin Kebekus
der meiner Ansicht nach entscheidende Aspekt, wegen dem wir hier nicht konform gehen, liegt in den unterschiedlichen Definitionen des Wortes Geschlecht. Denn Ihr sprecht von Hirngeschlecht, Körpergeschlecht, Genitialgeschlecht. Somit hätte der Mensch ja zwei Geschlechter, die verschieden sein könnten?! Für mich gibt es aber pro Mensch nur ein einziges Geschlecht. Auch wenn es meiner Meinung nach im Gehirn verankert ist, wird es dennoch nicht zum Hirngeschlecht, weil eine Unterscheidung völlig überflüssig ist. Es ist eben das Geschlecht dieses Menschen.
Der Körper ist zwar nicht als geschlechtslos anzusehen. Aber dabei handelt es sich ausschließlich um ein optisches Geschlecht mit Einflüsse auf bestimmte Körperfunktionen und -abläufe (Körpereinfluss, nicht aufs Gehirn, also nicht auf das Geschlecht). Und die Optik hat mit dem Wesen und der Art des Menschen überhaupt nichts zu tun. Oder stellt hier wer die These in den Raum, ein Mensch mit nur einem Arm (Contergan, fehlerhafte Gene o. ä. Ursache) ist kein Mensch, weil Menschen doch entsprechend "der Norm" zwei Arme haben?
Und Steffi, was Deine Wahrnehmungen vor allem in SHGs bezüglich einem Hass auf den eigenen Körper betrifft, wundern diese mich weniger. Denn ein Großteil von uns hassen ihren Körper wirklich; auch ich gehöre dazu. Es ist sehr selten ein offensichtlicher Hass, sondern wird meist zumindest bis zur Erkennung der eigenen Transidentät von der betreffenden Person und auch von dessen Umfeld nicht als solches wahrgenommen. Warum wohl sind so viele von uns früher extrem ungepflegt gewesen? Weil etwas, was ich nicht mag, was ich sogar hasse, muss ich nicht extra pflegen; hübsch wird es (werde ich) sowieso nie sein. Warum sind so viele von uns menschenscheu und gehen kaum unter Leute? Das liegt sicherlich nicht an den Depressionen, denn die wurden durch solch ein Verhalten vielfach erst hervorgerufen. Wir haben (oder hatten früher) einfach kein Interesse, unter Einschätzung eines falschen Geschlechts mit anderen zusammenzutreffen. Und was ist die Ursache dieser falschen Einschätzung? Unser Körper! Noch ein Grund, unseren Körper zu hassen.
Die Liste der Ursachen und Auswirkungen für einen Körperhass ließe sich noch weit verlängern. Aber ich glaube, es ist so schon zu erkennen, worauf ich hinaus will. Auch wenn es bei einem von Transidentität betroffenen Menschen vielleicht nicht bis zum Hass auf den eigenen Körper gereicht hat, gemocht hat ihn mit Sicherheit niemand von uns wirklich. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass jemand, der seinen Körper uneingeschränkt mag (bzw. vor einer möglichen GaOP mocht), kann unmöglich transidentisch sein. Sofern dieser Mensch mit seinem ihm zugeordneten Geschlecht nicht zufrieden ist, nicht zurechtkommt, liegt ein anderer Grund vor.
Abschließend möchte ich noch kurz zu der Antwort von Petra eingehen. Und zwar gebe ich Dir uneingeschrecht recht, dass wir nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen dürfen. Denn je feiner wir unterscheiden und eine Unterscheidung verlangen, desto größer wird die Gefahr von Missverständnissen bis hin zum Streit. Deshalb halte ich meine Ausdrucksweise, nur von dem Geschlecht zu reden, für am besten. Genauso wie ich von mir selber (und jeder anderen Transitentischen) von einer Frau und jedem Transidentischen von einem Mann rede und nicht auf TS-Frau / TS-Mann, Transe / Transmann oder vergleichbares diskriminiere. Wer in meinem Umfeld das nicht akzeptiert, hat die längste Zeit zu meinem Umfeld gehört und wird von mir rigoros ignoriert. Denn wer mich nicht akzeptiert (als das, was ich bin), den muss auch ich nicht akzeptieren. Und auch, wenn ich noch sehr weit davon entfernt bin, optisch eine Frau zu sein, lasse ich mir doch heute schon keinesfalls einen "Behindertenstatus" oder, wenn's um mein Geschlecht geht, "Trans-Status" zusprechen. Optisch wird sich zwar bei mir noch gewaltig was ändern (hoffe ich doch inständig ). Aber der Status Frau (das vorbehaltlose Geschlecht weiblich) steht mir heute schon zu. Natürlich bin ich trotzdem fast jederzeit bereit, mich mit Leuten über TI/TS zu unterhalten, sofern sie mich fragen oder sich ein Gespräch ergibt. Ich verleugne meine Transidentität in keiner Weise. Aber das solche Fragen kommen oder sich derartige Gespräche ergeben, liegt ausschließlich an meinem Aussehen und meiner dunklen Stimme, hat jedoch mit meinem Geschlecht nichts zu tun.
Viele Grüße Kira-Bianca
Als der Mensch allen Dingen ein Geschlecht gab, meinte er nicht zu spielen, sondern eine tiefe Einsicht gewonnen zu haben. Den ungeheuren Umfang dieses Irrtums hat er sich sehr spät und jetzt vielleicht noch nicht ganz eingestanden.
Friedrich Wilhelm Nietzsche, Morgenröthe - Kapitel 2
Zitat von Kira-Biancader meiner Ansicht nach entscheidende Aspekt, wegen dem wir hier nicht konform gehen, liegt in den unterschiedlichen Definitionen des Wortes Geschlecht. Denn Ihr sprecht von Hirngeschlecht, Körpergeschlecht, Genitialgeschlecht. Somit hätte der Mensch ja zwei Geschlechter, die verschieden sein könnten?!
ja, exakt. es gibt sogar noch viel mehr geschlechter in einer person drin. also ich finde, es gibt ... - das hirngeschlecht, das früh angelegt ist und über das sich das bewusstsein entwickelt - das chromosomengeschlecht, das geschlecht in verschiedenen lebensphasen genbauplantechnisch vorgibt - sowas wie eine hormonelle disposition, die den körper geschlechtsspezifisch verändert, je nach individuellem mix - die sache mit den keimdrüsen und der potentiell sich daraus ergeben könnenden zeugungsfähigkeit - der körper mit seinen tatsächlich herangebildeten primären und sekundären geschlechtsorganen - und dann natürlich noch die sozialisation und die erwartungen der gesellschaft an das individuum.
da kann vieles ziemlich durcheinander gehen. genau das ist doch auch das spezielle problem, wenn man TS ist. wenn man von anfang an wüsste, dass das hirngeschlecht entscheidend ist und man auf alles andere pfeifen kann, wäre es ja einfach. das muss man aber immer noch und ganz für sich auf ziemlich verschlungenen wegen herausfinden. der umstand, dass man ein männliches geschlechtsorgan hat, heisst zb. nicht, das man keine frau ist (analog zu deinem contergan-beispiel). aber dass man ein männliches geschlechtsorgan hat, und warum es funktionsfähig sein kann, kann eine schon ganz schön verwirren auf dem weg der erkenntnis, wer man eigentlich ist.
und dass das hirngeschlecht entscheidend ist, liegt daran, dass es quasi die basis für das bewusstsein bildet. alles, was wir erfahren und wahrnehmen, wird dort - gefiltert durch die sozialisation - verarbeitet und abgelegt. daraus bildet sich das selbst. und außerdem: man kann das hirn nicht verändern, weil es in sich geschlossen ist. wenn man mit groben methoden (stromstöße, medikamente) von außen kommt, macht man es nur kaputt. und mal ganz ernsthaft: die individuelle menschliche identität und das bewusstsein ist was absolut schützenswertes. es macht den einzelnen menschen erst aus.
Zitat von Kira-Bianca... Und was ist die Ursache dieser falschen Einschätzung? Unser Körper! Noch ein Grund, unseren Körper zu hassen.
nee, eben nicht der körper, sondern seine geschlechtliche ausprägung. sonst wäre ja auch ne hormontherapie oder andere maßnahmen vollkommen sinnlos, wenn man seinen körper auf diese weise dem wunschgeschlecht nicht angleichen könnte. man kann seinen körper in eine andere richtung schubsen. das kann eine doch zur ruhe bringen - ist doch cool. hass auf seinen körper führt nicht dazu, in einklang mit sich zu kommen. vielleicht befördert er einen prozess, an dessem ende ein einklang steht. im besten fall. im schlechtesten fall dirigiert er das durcheinander.
Zitat von Kira-BiancaIch gehe sogar so weit zu behaupten, dass jemand, der seinen Körper uneingeschränkt mag (bzw. vor einer möglichen GaOP mocht), kann unmöglich transidentisch sein.
das hat ja nun soo auch niemand gesagt. du formulierst hier dinge, die außer frage stehen und grenzt dich vor leuten ab, die es so gar nicht gibt. ich finde abgrenzungen unproduktiv. in foren können sie dafür sorgen, dass ein anpassungsdruck bei leuten entsteht, die sich unsicher sind. für die ist das dann verwirrend.
"Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, das immer dann die Ruhe verliert, wenn von ihm verlangt wird, dass es nach Vernunftgesetzen handeln soll." - Oscar Wilde “Ohne eine Abweichung von der Norm ist kein Fortschritt möglich.”- Frank Zappa "Samstag ist Waschtag." - Sheldon L. Cooper "I had a flashback of something that never existed" - Sara Digitala "Fuck Size Zero" - Carolin Kebekus
Zitat von Kira-Bianca der meiner Ansicht nach entscheidende Aspekt, wegen dem wir hier nicht konform gehen, liegt in den unterschiedlichen Definitionen des Wortes Geschlecht. Denn Ihr sprecht von Hirngeschlecht, Körpergeschlecht, Genitialgeschlecht. Somit hätte der Mensch ja zwei Geschlechter, die verschieden sein könnten?! Für mich gibt es aber pro Mensch nur ein einziges Geschlecht. Auch wenn es meiner Meinung nach im Gehirn verankert ist, wird es dennoch nicht zum Hirngeschlecht, weil eine Unterscheidung völlig überflüssig ist. Es ist eben das Geschlecht dieses Menschen.
Liebe Kira-Bianca, Warum sträubst Du Dich gegen eine genauere Differenzierung des Begriffes "Geschlecht"? Zumindest hier im Forum (aber wünschenswert wäre es m.E. auch in anderen Foren) sollten wir uns über unsere Selbstwahrnehmung möglichst differenziert austauschen können und nicht gleich anfangen, anders denkende zu verurteilen, sie seien nicht "richtige" TS/Transidente - als ob es Schulnoten dafür gibt, wer "richtig" TS ist und wer nicht... - ich frage mich, wie es immer wieder neu unter uns zu solchen Abgrenzungen kommt, wenn man einander meist nicht einmal persönlich kennt - geschweige denn die Biografie des Gegenübers und seine Motive? Wenn ein Psychiater für sein Gutachten einige Stunden "Therapie" braucht um einzuschätzen, ob er die Diagnose F64.0 vergibt, wieso meinst Du dann, über andere im Schnellverfahren entsprechende Urteile fällen zu können?
Die Biologie redet von mindestens 5 verschiedenen Ausprägungen dieses Begriffes - Du kannst alle im Blog von Dr. Horst Haupt in seinem Aufsatz "Sie sind ihr Gehirn" (S.20 dort) http://www.trans-evidence.com/Sie_sind_Ihr_Gehirn nachlesen - und auch, warum es für alle TS/"Transidenten" wichtig ist, diese Begriffe selbst zu kennen - nur dann nämlich werden wir meiner Meinung nach eine gemeinsame Basis finden, unsere Ziele durchzusetzen. Horst Haupt ist Psychiater und Neurowissenschaftler und jemand, der sich für die Rechte von TS stark macht und sich auf TS spezialisiert hat. LG Petra