Frau werden.Von Walter zu Waltraud - Ein Gruppendiskussion mit Waltraud Schiffels einer bekannten Transfrau
Die Sitzung fand abends am 1.November im Checkpoint des LSVD (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) statt. Dabei waren Betroffene Transgender, Mitglieder des LSVD und andere Interessierte.
Dr. Waltraud Schiffels ist Dozentin für Germanistik und Autorin mehrerer Bücher, darunter auch welche zum Thema Geschlechtsangleichung mit ihrer Autobiographie. Sie stand uns an dem Abend Rede und Antwort zu verschiedenen Themen und erzählte auch ihren eigenen Weg.
Sie hat zuerst davon erzählt, wie sie in die Lesbenszene gekommen ist. Waltraud fühlte sich zu Frauen hingezogen. Das war alles zu einer Zeit in der Männer egal ob mit oder ohne Rock aus Lesbenkneipen rausgeworfen wurden. Davor hatte sie natürlich Bange aber alles ging gut aus.
Sie schilderte uns ihre Kindheit als Walter, die Taumata und wie ihre Eltern mit ihr umgingen. Mit einem Wasserfarbkasten machte sie ihre ersten Schminkversuche, die ein erstes Erfolgserlebnis waren. Puppen mochte sie als Kind nicht, dafür Modellautos, die sie auch heute noch sammelt. Sie meinte, dass diese und ihr Interesse für Seefahrt auch eher männlich sind.
Früher versuchte sie ihre Probleme mit Unmengen an Alkohol in den Griff zu bekommen, aber als sie bemerkte, dass es irgendwann nichts mehr brachte, versuchte sie damit aufzuhören. Sie verglich den Alkoholismus mit einem Wasserrohrbruch in der Wand bei dem man einfach einen Schrank davor stellt um ihn zu verdecken, aber irgendwann beginn auch der Schrank durch die Nässe zu vemodern. Bei ihrem Versuch sich trocken zu legen ging sie durch die Hölle und es wäre schlecht es alleine durchzustehen, lehrte sie uns. Als sie sich deswegen in Therapie begab fasste sie auch den Mut ihre Dissonanz zwischen ihr und ihrem Körper anderen mitzuteilen.
Durch ihre Offenheit fand sie auch Menschen die sie in Sachen Kleidung und Kosmetik unterstützen konnten. Die GA-OP ließ sie am Ende der 90er von Prof. Rindt in der Rotes- Kreuz-Klinik in Saarbrücken duchführen, der mit solchen Operationen noch Pionierarbeit leistete. Heute existiert diese Klinik nicht mehr.
Ihre Geschichte ging duch die Presse und schon bald kannte man sie im ganzen Saarland. Das sie berühmt war fand sie damals schon unangenehm und heute bereut sie es. Sie fühlte sich wie eine bunte Kuh, die man durchs Dorf treibt.
Vor vielen Jahren leitete sie in Saarbrücken ihre eigene Selbsthilfegruppe, zu der Betroffene aus dem Saarland und von weiter ausserhalb kamen. Sie sprach dann von einem gewissen Druck, der unter den Betroffenen aufkam und der andere zu etwas zwang, was man nicht war oder nicht werden wollten.
Sie sprach das Thema Suizid an und das es auch Leute trifft, bei denen man es vorher nicht vermutet hätte. Manche beenden schon ihr Leben wenn sie nur daran denken TS zu sein, einen unangenehmen Weg gehen zu müssen oder später kein vernünftiges Passing zu haben. Heute findet sie es wichtig, dass man seinen Weg geht wie er für einen selbst richtig ist und das die Reaktionen anderer Menschen egal sein müssen.
Eine aus der Gruppe sprach die Behandlung von Kindern an und darauf sagte Waltaud, dass eine HRT und Operationen bei Kindern nur Schaden anrichten wüden und es vom Gesetz her sowieso verboten ist. Bei intersexuellen Kindern wäre eine Anpassung wenigstens erlaubt. Bei Kindern gibt es oft so eine Phase, wo sie sich ausprobieren oder unsicher sind, was nichts mit TS zu tun hat. Waltraud benutzt nur den Begriff Transsexuell und hält es für eine Krankheit in einem nicht ganz so negativen Sinn. Sie brauchte ihre Tanssexualität mit ihrem Masochismus in Zusammenhang und dass dieser sich nach der Geschlechtsanpassung legte.
Sie hatte ihre Bücher mitgebracht und am Schluss kurz vogestellt. Die Bücher heißen: "Frau werden: von Walter zu Waltraud", "Ich bin zwei", "Im falschen Körper - Alles über Transsexualität" und "Im Rock".
Nun, ich weiß nicht, was ich zu deiner Zusammenfassung sagen soll; kenne die dame ja auch nicht; nie von ihr gelesen. Nur: wenn sie unser transsexuelles "Syndrom" immer noch als eine "leichte Krankheit" betrachtet, zumindest auf sich selbst bezogen, verbeisse ich mir jeglichen Kommentar....
Zitat von ReginaNun, ich weiß nicht, was ich zu deiner Zusammenfassung sagen soll; kenne die dame ja auch nicht; nie von ihr gelesen. Nur: wenn sie unser transsexuelles "Syndrom" immer noch als eine "leichte Krankheit" betrachtet, zumindest auf sich selbst bezogen, verbeisse ich mir jeglichen Kommentar....
Von leichter Krankheit war doch gar nicht die Rede, nur von Krankheit in nicht so negativem Sinne. Das sind doch auch die aktuellen Bestrebungen, Trans raus aus der zu sehr negativ besetzten Psycho-Ecke in andere medizinische Kategorien zu schieben. (Ganz raus aus dem medizinischen Kontext hiesse ja auf die Leistungspflicht der Kassen zu verzichten.) Für mich ist Transsexualität insofern eine Krankheit, weil das eigene Wohlbefinden durch die Diskrepanz zum Körper beeinträchtigt ist, und weil die Medizin eben da drann etwas ändern kann. Was aber überholt sein dürfte, ist ihre Haltung zu Kindern. Selber habe ich sie auch schon mal auf einer Lesung gesehen, muss so 96 oder 97 gewesen sein, also schon eine ganze weile her.
Ich kenne Waltraud noch aus früheren Tagen und Ihre Bücher habe ich damals alle gelesen und fand sie sehr interessant. Damals war das Coming Out für Waltraud noch ein gewagter Schritt. Außerdem hatte sie ja damals schon von den in den Büchern genannten Alkoholproblem erzählt. Und mit ihrer Gesundheit hat sie damals auch schon ziemlich gekämpft gehabt. Ich fand es damals auch sehr mutig, daß sie sich so offenbart hat. Aber ist ja interessant, daß sie das jetzt bereut. Ich finde das sollte auch manche von uns heute bedenken, wenn sie ihre Geschichten offen in der Presse und im Internet ausbreiten. Die Sichtweise darauf kann sich ändern, aber das kann dann später nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Mir kam jedenfalls in ihren Büchern vieles bekannt vor und hat mir auch geholfen, für mich Schlüsse daraus zu ziehen. Ich hatte sie auch mal persönlich in Frankfurt/Main kennengelernt, das ist schon lange her...
Zita von ihr, bzw. dir, Sabine: "Von leichter Krankheit war doch gar nicht die Rede, nur von Krankheit in nicht so negativem Sinne."
Ist doch wohl egal, oder so gut wie das Gleiche, wobei ich ihre eigene Historie damit akzeptiere. Nur: wer von uns hat sich den "krank", gleich welcher Art, in seiner Vergangenheit gefühlt, bzw. sich so definiert? Anders als die anderen a ja so Normalen (mit profundem Leiden) wohl eher, aber als "krank"? Ich mich nie in den vielen vergangenen Jahren, und ich kenne weder TF noch TM (hier in Spanien), die mal so etwas von sich geäussert hätten.
Habe eher den Eindruck, dass Waltraut da irgendwie/irgenwo in den Definitionen stehen geblieben ist, was ich ihr aber kaum vorwerfen kann.
Zitat von Regina... Nur: wer von uns hat sich den "krank", gleich welcher Art, in seiner Vergangenheit gefühlt, bzw. sich so definiert? ...
Liebe Regina,
"krank" nicht... - Ich fühlte mich früher eher wie Rumpelstilzchen "...Ach, wie gut, dass niemand weiss, dass ich Rumpelstilzchen heiss!" Ich wußte ja, was los war, aber die anderen ahnten nix. Später, während ich innerlich das Outing vorbereitete, dachte ich oft schmunzelnd... "wartet nur ab, Ihr werdet Euch wundern, wenn Ihr mich mal in echt seht..."
LG ab
FÜR: Menschenrechte, eine gelebte demokratische Zivilgesellschaft, die Minderheiten schützt ERGO: Umfassende Bildung für alle, effektive Regeln in Alltag und Netz, eine gut ausgestattete Polizei/Justiz
Danke für Deinen Bericht, Nadin-Yasmin. Wäre da gerne dabei gewesen... war aber mal wieder auf 'ner Autobahn-Langstrecke unterwegs.
Waltraud Schiffels habe ich im Januar 2000 kennen gelernt und das offene Gespräch mit ihr war nicht zuletzt der Auslöser, die notwendigen Schritte endlich zu wagen. Kurz danach stelle ich schon den Antrag auf Vornamensänderung und lebte seit Juni 2000 im gefühlen Geschlecht. Von daher habe ich die besten Erinnerungen an sie und ich würde auch nicht jedes ihrer Worte auf die Goldwaage legen. Sie hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihr Masochismus eine wichtige Triebfeder war und die Operation sozusagen die Kulimation ihrer diesbezüglichen Bedürfnisse darstellte. Von daher würde ich sie nicht unbedingt als Expertin in Sachen "Ursachenforschung" betrachten, vielmehr als eine Frau, die ungeschönt den Sprung ins kalte Wasser vergegenwärtigt und wie kaum eine andere die emotionalen Achterbahnen vor und ggf. auch nach dem Sprung beschreiben kann.
hmhm, ich habe irgendwo etwas über sie gelesen, in einem buch, dass mir mal in die hand fiel. ich weiß nicht mehr wo. es war sowas wie ein bericht aus einer anderen zeit. ich denk, man kann sie als pionierin betrachten, die da voran schritt, als alles, was mit transition zu tun hatte, noch viel skeptischer in der öffentlichkeit betrachtet wurde als heute.
"Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, das immer dann die Ruhe verliert, wenn von ihm verlangt wird, dass es nach Vernunftgesetzen handeln soll." - Oscar Wilde “Ohne eine Abweichung von der Norm ist kein Fortschritt möglich.”- Frank Zappa "Samstag ist Waschtag." - Sheldon L. Cooper "I had a flashback of something that never existed" - Sara Digitala "Fuck Size Zero" - Carolin Kebekus
Zitat von Nadin-YasminDie GA-OP ließ sie am Ende der 90er von Prof. Rindt in der Rotes- Kreuz-Klinik in Saarbrücken duchführen, der mit solchen Operationen noch Pionierarbeit leistete. Heute existiert diese Klinik nicht mehr.
Hatte mich ein bisschen über diese zeitliche Einordnung gewundert und noch mal danach gesucht, ihre Op war 88. Ende der 90iger waren solche Ops schon ziemlich etabliert, es gab zumindest schon eine gewisse Auswahl an Operateuren, das war auch die Zeit, wo ich mein erstes Vorgespräch bei Frau Dr. Spehr hatte.
Stimmt schon, Ende der 80er/Anfang der 90er gab es kaum Kliniken, die die GaOP gemacht hatten. Ich glaube um die Zeit war Dr. Spehr noch in Kassel und hatte die ersten GaOPs gemacht. Damals war Daverio der renommierteste Operateur weit und breit für Transfrauen. Sonst gab es nur eine Handvoll Chirurgen in Deutschland auf dem Gebiet.