Neue EU-Fortschrittsberichte: LGBT-Rechte in Südosteuropa, in der Türkei und auf Island
11. Oktober 2012
Gestern wurden die jährlichen Berichte der EU-Kommission über Beitrittsländer veröffentlicht. Diese enthalten auch wichtige Informationen über die Situation von lesbischen, schwulen, bisexuellen und Transgender-Menschen in den neun betreffenden Ländern, und sowohl positive als auch negative Entwicklungen wurden verzeichnet.
Der EU-Kommissar Štefan Füle präsentierte die 2012er Fortschrittsberichte dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des EU-Parlaments. Alle Berichte mit Ausnahme des Kosovo schildern die gesellschaftliche und rechtliche Situation von LGBT-Menschen.
Positive und negative Entwicklungen
In den Berichten zeigt sich kein allgemeiner Trend. Für die meisten Länder werden positive wie negative Entwicklungen verzeichnet, und Bemühungen der kroatischen Behörden vor dem EU-Beitritt am 1. Juli 2013 werden begrüßt.
Während der Gesetzesrahmen in Albanien und Montenegro verbessert wurde und Bemühungen der Regierung festgestellt werden, erfüllt Mazedoniens Antidiskriminierungsgesetz noch nicht die EU-Normen hinsichtlich der sexuellen Orientierung.
Schwerere Vorfälle der Intoleranz gegen LGBT-Menschen einschließlich Bedrohungen und Übergriffen werden aus Kroatien, Serbien und der Türkei berichtet, wobei sich die Türkei mit wiederholter Schikanierung und mit Aggressionen gegen Transmenschen hervortut. Leider erwähnt der Bericht nicht die Morde an mehreren Transmenschen in der Türkei.
Im Falle von Serbien werden das umstrittene Verbot der Belgrade Pride und die allgemein negative Haltung hervorgehoben. In Bosnien und Herzegowina sind LGBT-Menschen noch immer Gewalt und starker Diskriminierung ausgesetzt. Island ist das einzige Land, in welchem nur positive Entwicklungen zu verzeichnen waren.
Berichte des Europäischen Parlaments
Ulrike Lunacek MEP, Kopräsidentin der interfraktionellen Arbeitsgruppe für LGBT-Fragen und Berichterstatterin für den Kosovo, sagte: "Die diesjährigen Fortschrittsberichte sind ein Abbild der ungleichen Lage von LGBT-Rechten in Südosteuropa. Ich bedaure, dass die Kommission im Kosovo-Bericht nicht auf LGBT-Menschen einging, da auch dort noch viel zu tun bleibt. Ich freue mich auf die Fortsetzung der guten Zusammenarbeit mit der EU-Kommission und zähle auf Kommissar Füle, dass er negative Haltungen und Regelungen gegen LGBT-Menschen scharf verurteilt, wie er dies auch im Falle der Belgrade Pride tat."
Jelko Kacin MEP, Mitglied der interfraktionellen Arbeitsgruppe für LGBT-Fragen und Berichterstatter für Serbien, fügte hinzu: "Obwohl ich mich über die positiven Entwicklungen in Kroatien, Albanien und Montenegro freue, besorgt mich die Situation in Serbien zutiefst. Serbien ist mehr wert als die Art und Weise, wie heute dort LGBT-Menschen behandelt werden, aber das Verbot der Pride können wir nicht ignorieren. Das EU-Parlament wird sich damit in eigenen Berichten ausgiebig beschäftigen."
Im Laufe der nächsten Monate wird das EU-Parlament seine Fortschrittsberichte annehmen.
Deutsche Übersetzung von Sandra-Isabell Trautner mit Erlaubnis der LGBT Intergroup des Europäischen Parlaments. Maßgeblich ist stets der englische Text.