Pressemitteilung der LGBT Intergroup des Europäischen Parlaments:
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Europäisches Parlament nimmt 2012er EU-Beitrittsberichte an
2. April 2012
Am Dienstag, den 29. März hat das EU-Parlament seine jährlichen Fortschrittsberichte für die EU-Beitritte von Serbien, Montenegro, dem Kosovo und der Türkei angenommen. Alle Entschließungen fordern weitere Fortschritte auf dem Gebiet der LGBT-Rechte.
Die Türkei, Serbien und Montenegro sind offfizielle EU-Beitrittskandidaten. Kosovo wird gegenwärtig als potentieller Kandidat betrachtet.
Die Entschließung über die Türkei "fordert die Regierung mit Nachdruck auf, sicherzustellen, dass die Gleichbehandlung ungeachtet des Geschlechts, der Geschlechtsidentität, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung gesetzlich garantiert ist und effektiv durchgesetzt und auch von der Polizei respektiert wird".
Das Parlament forderte auch die Aufnahme von Homophobie und Transphobie in Gesetze gegen Hassverbrechen, verurteilte die vielfache Verfolgung von LGBT-Menschen und forderte die türkischen Streitkräfte auf, Homosexualität nicht länger als 'psychosexuelle Krankheit' einzustufen.
Die Entschließung über Serbien umfasst zahlreiche Bezugnahmen auf LGBT-Rechte. Bemerkenswert ist, dass das Parlament seiner ernsten Sorge über den fehlenden politischen Willen Ausdruck gibt, "für die Sicherheit der Teilnehmer an der Pride-Parade zu sorgen, die für den 2. Oktober 2011 geplant war", und "verurteilt in aller Schärfe die Hetzreden und diskriminierenden Äußerungen zu dem Thema von einigen Politikern sowie Geistlichen der orthodoxen Kirche".
Jelko Kacin MEP, Berichterstatter für den EU-Beitritt Serbiens und Mitglied der LGBT Intergroup, erklärte: "Wir werden den Behörden in Belgrad weiterhin zureden, dass sie sicherstellen, dass die nächste Reise eines MEP zur Pride-Parade in Belgrad nicht nur für eine Pressekonferenz sein wird, so wie meine Reise letztes Jahr. LGBT-Rechte sollten das ganze Jahr über geachtet werden, und die ersten Verurteilungen wegen Hassgewalt haben wesentliche Präzedenzfälle geschaffen."
Die Entschließung über Montenegro vom Donnerstag unterstreicht positive Entwicklungen im Land und "begrüßt die unlängst erfolgte Annahme des Gesetzes über die Bekämpfung von Diskriminierung, in der die sexuelle Ausrichtung und die Geschlechtsidentität ausdrücklich genannt werden".
Die Entschließung über den Kosovo schließlich betont, dass "Diskriminierung im Kosovo nach wie vor ein schwerwiegendes Problem darstellt, und fordert die Regierung auf, eine umfassende Antidiskriminierungsstrategie (...) umzusetzen", und zwar "ungeachtet von ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Alter, Religion, sexueller Orientierung oder Behinderung".
Ulrike Lunacek MEP, Berichterstatterin für den Integrationsprozess des Kosovo und Co-Präsidentin der LGBT Intergroup, kommentierte: "Diese EU-Beitrittsberichte zeigen, dass sich die Europäische Union mehr denn je der Achtung von Grundrechten verpflichtet fühlt, ungeachtet der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität. Die Kommission muss die Empfehlungen nun zur Kenntnis nehmen und die Entwicklung hinsichtlich der LGBT-Rechte im Jahr 2012 genau mitverfolgen. Im EU-Parlament und ganz besonders in der LGBT Intergroup folgen wir den Entwicklungen, und wir bestehen darauf, dass Fortschritte sehr wichtig für LGBT-Menschen sind, damit sie ihr Leben und ihre Liebe furchtlos leben können."
Deutsche Übersetzung von Sandra-Isabell Trautner mit Erlaubnis der Intergroup on LGBT Rights des Europäischen Parlaments. Maßgeblich ist stets der englische Text.
Zitat von Sandra-Isabell Alle Entschließungen fordern weitere Fortschritte auf dem Gebiet der LGBT-Rechte.
Liebe Sandra,
ein herzliches Danke für den Beitrag - Ohne deutliche Fortschritte wird es kaum gehen... Weitere Fortschritte auf dem Gebiet der LGBT-Rechte könnten übrigens auch die Länder brauchen, die bereits in der EU sind!
Aber wem sag ich das GLG ab
P.S. Aber immerhin gibt man sich Mühe und das ist ja auch schon was...
FÜR: Menschenrechte, eine gelebte demokratische Zivilgesellschaft, die Minderheiten schützt ERGO: Umfassende Bildung für alle, effektive Regeln in Alltag und Netz, eine gut ausgestattete Polizei/Justiz
Nach meinem Eindruck wurde gesetzmäßig einiges bezüglich der Wahrung der Menschenrechte der LGBT-Menschen in Serbien in letzten Jahren schon getan. Das Antidiskriminierungsgesetz wurde verabschiedet, obwohl die orthodoxe Kirche geschafft hat, gerade die ausdrückliche Erwähnung der transidenten Menschen im Gesetztext zu verhindern (!); das Gesetz stand schon im Parlament, und es wurde seitens der Kirche zurückgezogen um "gebessert" zu werden! In endgültiger, seitens der Kirche korrigierter Version des Gesetzes steht, dass jede Diskriminierung augrund (u.a.) sexueller Identität verboten ist. Darin sollen transidente Menschen seinen Schutz sehen, ob es aber in der Tat so sein wird, ist eigentlich nicht völlig sicher.
Die Kirchen hatten, so die Spekulationen, (und konkrete Angaben für die kirchlichen Einwände wurden der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt, so dass uns nur die Spekulationen übrig bleiben) Angst, dass sie kein Recht haben würden, eine Heirat von transidenten Menschen in der Kirche zu verhindern, bzw. dem nein zu sagen.
Im Sinne der medizinischen Behandlung ist seit diesem Jahr möglich, eine Geschlechtanpassende OP im Genitalbereich auf Kosten der gesetzlichen KK machen zu lassen. Die Kasse hat angekündigt, diese OP bei bis zu acht PatientInnen jährlich zu finanzieren, und das ist m.E. verhältnismäßig zu realen Bedürfnissen, da derzeit etwa 20 PatientInnen sich in Vorbereitung für eine GAOP befinden, manche sind schon bereit für die OP, andere sind erst in psychologischer Begutachtung, und sie sollen alle, umgerechnet, bis Mitte 2014 operiert werden.
Das Problematische dabei ist aber die hormonelle Behandlung, da in Serbien die in Betracht kommenden Präparate zu Hormonersatztherapie in sehr niedriger Zahl registriert sind, was Euch schon bekannt ist. Es sind Androcur, Utrogest(an) und einige Testosteroninjektionen registriert von gängigen Medikamenten für MzF- und FzM-Transidenten, bei Estradiolpräparaten gibt es ein großes Problem und da steht praktisch nichts zu Verfügung-nur Verhütungspillen und Cyclo-Progynova, aber das sind hormonelle Mischungen und kein reines Ethynilestradiol bzw. Estradiol. Also von transdermalen Estradiolprodukten nichts in Sicht! Problem mit mangelnder Medikamentenverfügbarkeit ist aber systemischer Natur, und bedarf einer reformierten Gesetzgebung, da eigentlich ganz viele Patienten im Gesundheitssystem durch zu starre Regelung leiden, und nur illegal zu nötigen Medikamenten kommen können.
Eine Frage der Kostenübernahme bei Hormonen will ich aber gar nicht ansprechen, das scheint mir derzeit in Serbien für sehr unrealistisch, und als nicht erreichbar. Es wäre ein großer Fortschritt, wenn wir gute (Estradiol)Medikamente überhaupt in Apotheken hätten.
Das Problematische noch sind richtig schlimme Beleidigungen, welche immer wieder passieren. Die schlimmsten Beispiele sind Anrede aller LGBT-Menschen als "Gestank", als "Gift", seitens eines hohen Sprecher der orthodoxen Kirche. Es war eigentlich eine Anhetzung der Bevölkerung gegen LGBT-Menschen.
Auch einige Politiker haben kein Respekt gegenüber LGBT-Menschen, weil sie uns als krank verunglimpfen. Oder wenn es über unsere Rechte und Bedürfnisse gesprochen wird, dann sagen manche aggressiv, "na wer sind diese LGBT-Menschen?"
Und ein großes Wort, die Transparenz. Wie brauchen Transparenz, und Angaben wo wir sind, wie wir leben, wieviel sind eigentlich beschäftigt, auf welche Weise wird Geld fürs Leben verdient, insbesondere bei T-Menschen, denn bei uns scheint Diskriminierung am stärksten ausgeprägt zu sein, und die Lebenskosten aber scheinen auch am großten zu sein.
Es ist etwas getan, aber es muss auch weiter gehen.
Und ja, wie es auch schon ab sagte, deutliche Fortschritte bei den LGBT-Rechten würden eigentlich dieser Population in jedem Land auf diesem Planeten zugute kommen.